Montag, 13. August 2007

GROSSE HAMBURGER STRASSE

Eine Straße in Berlin, in der Geschichte verdichtet ist wie an wenigen Orten. Macht euch selbst kundig. Nur dies hier: Moses Mendelssohn war hier begraben und ist es nicht mehr.

An Kant hatte er geschrieben:

den 16. Oct. 1785.
Verehrungswürdiger Mann!
Ich bin so frei gewesen, Ihnen durch den Buchhändler Voß u. Sohn ein Exemplar von meinen "Morgenstunden, oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes", zuzuschicken.
Ob ich gleich die Kräfte nicht mehr habe, Ihre tiefsinnigen Schriften mit der erforderlichen Anstrengung zu studiren, so weiß ich doch, daß wir in Grundsätzen nicht übereinkommen. Allein ich weiß auch, daß Sie Widerspruch vertragen, ja daß Sie ihn lieber haben als Nachbeten. So wie ich Sie kenne, ist die Absicht Ihrer Critik bloß, das Nachbeten aus der Schule der Philosophie zu verbannen. Sie lassen übrigens einem Ieden das Recht, anderer Meinung zu seyn u. die seinige öffentlich zu sagen.
Die Veranlassung zur Bekanntmachung dieser Morgenstunden wollte ich mir bis auf den 2ten Theil ersparen, um die Leser zuvörderst auf einige Äußerungen vorzubereiten, die mir in Absicht auf ihre Folgen u. Wirkungen auf das lesende Publikum etwas bedenklich erschienen. Hr. Iacobi ist mir zuvorgeeilt, u. hat unter dem Titel:
Ueber die Lehre des Spinoza, in Briefen an Moses Mendelssohn, eine Schrift herausgegeben, welche diese Veranlassung enthält.
Er macht in derselben einen Briefwechsel zwischen ihm, einer dritten Person u. mir bekannt, in welchem er (Iacobi) darauf ausgeht, unsern Lessing zum erklärten Spinozisten zu machen. Iacobi will ihm den Spinozismus vordemonstrirt haben; Lessing habe alles mit seinen Grundsätzen übereinstimmend gefunden, u. sich gefreut, nach langem Suchen endlich einen Bruder im Pantheismus anzutreffen, der über das System des All= ein= oder Einallerlei so schönes Licht zu verbreiten weiß.
Er für seine eigene Person zieht sich am Ende unter die Kanone des Glaubens zurück, u. findet Rettung u. Sicherheit in einer Bastion des seligmachenden Lavater's, aus dessen "engelreinem" Munde er am Ende seiner Schrift eine trostreiche Stelle anführt, die mir keinen Trost geben kann, weil ich sie nicht verstehe. Überhaupt ist diese Schrift des Hrn Iacobi ein seltenes Gemisch, eine fast monströse Geburt: der Kopf von Göthe, der Leib Spinoza, u. die Füße Lavater.
Mit welchem Rechte aber man sich jetziger Zeit so allgemein erlaubt, eine Privat=Correspondenz, ohne Anfrage u. Bewilligung von Seiten des Briefschreibenden, öffentlich bekannt zu machen, ist mir unbegreiflich. Noch mehr: Lessing soll ihm, Iacobi nämlich, gestanden haben, daß er mir, seinem vertrautesten, dreißigjährigen philosophischen Freunde, seine wahren philosophischen Grundsätze nie entdeckt habe. Ist dieses, wie hat Iacobi sich dann überwinden können, dieses Geheimnis seines verstorbenen Freundes nicht nur mir, vor dem er es geflissentlich verborgen, sondern der ganzen Welt zu verrathen? Seine eigene Person bringt er in Sicherheit, u. verläßt seinen Freund nackt u. wehrlos auf freiem Felde, daß er ein Raub oder ein Spott der Feinde werde. Ich kann mich in dieses Betragen nicht finden, und möchte wissen, was rechtschaffene Männer davon denken. Ich fürchte, die Philosophie hat ihre Schwärmer, die eben so ungestüm verfolgen und fast noch mehr auf das Proselytenmachen gesteuert sind, als die Schwärmer der positiven Religion.

Moses Mendelssohn.

[ abgedruckt in : AA X, Seite 413 ] [ Brief 247 ] [ Brief 249 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ]

DAS antiquariat ist nicht mehr da



das Wort 'preußisch' taucht wieder auf

1989: Wohnungen zu tauschen gesucht am Haus meiner Kindheit, Kuglerstraße 1


etwas, das geblieben war, die alte Preußische Staatsbibliothek


BERLIN

Wenn die Brücken, wenn die Bogen
von der Steppe aufgesogen
und die Burg im Sand verrinnt,
wenn die Häuser leer geworden,
wenn die Heere und die Horden
über unsern Gräbern sind,

[...]
wenn die Mauern niederbrechen,
werden noch die Trümmer sprechen
von dem großen Abendland.

Gottfried Benn

eine neugierige Gans


was sähen wir, wenn wir durch ein schlüsselloch in die zukunft sehen könnten